Der strickende Obdachlose, Aug. 2012

Ende August 2012, neben der Ampel an der Kö, Ecke Schadowstraße.

Wie bei sich Zu Hause auf der Couch saß der Mann da und strickte. Autos fuhren an ihm vorbei, Dutzende von Menschen liefen über die Straße und um ihn herum. Es wirkte, als ob der Mann das Zentrum der Welt in seinen Händen hielt, und das Universum sich gerade um ihn drehte.

Einen Monat später sah ich den Mann wieder an derselben Stelle. Es war nachmittags, die Sonne ging hinter die Häuser, die Straße wurde kälter. Der Mann stand auf und fing an zu packen.

Drei Sekunden lang zögerte ich, ihn anzusprechen. Ich hatte nur einen Zehner in der Tasche. Ich lief zu dem Mann hin und mit den Worten "Darf ich das Ihnen geben?" drückte ich ihm den zusammengerollten Schein in die Hand. Er lächelte fragend, bedankte sich.

Ich drehte mich um und ging. Erst als ich ein Stück entfernt war, machte er die Hand auf. Er sah mich immer wieder verwundert an. Wahrscheinlich hielt er mich für bescheuert.

Die Wochenenden darauf wurde es kälter. Der Mann strickte nicht mehr an der Stelle.

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